Hanno Ehrlicher/ Teresa Herzgsell: Zeitschriften als Netzwerke und ihre digitale Visualisierung. Grundlegende methodologische Überlegungen und erste Anwendungsbeispiele

Abstract [1]:

The way we read reviews and little magazines in the humanities is changing, due to new methods of quantitative data analysis. Those have become possible because of the increasing digitalization of cultural materials. Enthusiastic approaches, such as Franco Morettis, even go so far as to claim that "distant reading" could replace classic hermeneutical methods altogether. Our approach on the contrary is not quite as radical. Seeing the advantages quantitative methods can provide for the humanities, we are convinced that they can only reach their full potential when combined with traditional qualitative (close reading) analyses. Thus we believe that a reciprocal process, in which both approaches can gain from each other, is a middle way that promises to lead to new and better results. Basing hermeneutical analysis in what is possible thanks to big data and technological tools to compute, helps to make them more verifiable and accessible. Enriching quantitative analysis with qualitative insights, on the other hand, will provide results that significant for well-established studies and support forming a connection with them.

As a first step in this direction we have statically evaluated and visualized metadata from three historically important magazines from Spain ( Hora de España) and Mexico ( Contemporáneos and España Peregrina) with the various software programs such as Gephi, Geobrowser and Microsoft Excel. Our aim was to explore the surplus value which could be obtained by statistics and data-driven network visualizations compared to traditional bibliographical presentation of reviews in list form or indices. Moreover, we connected and compared the obtained results with results from classical hermeneutical analysis. Last but not least we took questions arising from this quantitative analysis as a starting point for further inquiry, resulting in studying certain transnational connections made by single authors between the magazines. This all leads to the conclusion, that a combination of both approaches, the quantitative and the qualitative one, not only makes sense, but help obtain better results, especially when it comes to big amounts of texts and metadata.

1. Zeitschriftenforschung im Zeitalter der Digitalisierung: methodologische Vorüberlegungen (H.E.)

Wie liest man eine Zeitschrift? Diese ebenso fundamentale wie entscheidende Frage ist nicht einfach zu beantworten und sie beantworten zu wollen setzt entscheidende methodologische Vorentscheidungen voraus, die eine Reihe von Konsequenzen nach sich ziehen. Die philologische Forschung behandelte lange Zeit Periodika im Allgemeinen und Zeitschriften im Besonderen nur als Behältnisse für Texte und Medien ohne eigenständige Bedeutung. Entsprechend las und interpretierte man sie ähnlich wie Anthologien oder Bücher. Zeitschriften wurden so oft als bloße Archive genutzt, aus denen man die Texte kanonisch konsekrierter Autoren entnahm, um diese in möglichst vollständige Werkausgaben zu integrieren, die es ihrerseits wiederum für die weitere Forschung entbehrlich machten, auf den publizistischen Originalkontext zurückzugreifen. In den letzten beiden Jahrzehnten ist man von dieser Praxis allerdings zunehmend abgerückt und hat stattdessen begonnen, die Zeitschrift als ein Medium mit eigenen kulturellen Bedingungen zu erforschen. Im Zuge der allmählichen methodologischen Erneuerung der Philologien im Zeichen der Kulturwissenschaften, hat sich auch die Art und Weise wie Zeitschriften gelesen werden deutlich verändert. Kulturwissenschaftlich werden Zeitschriften nicht mehr nur als Medien konzipiert, die ihren kulturellen Entstehungskontext lediglich passiv widerspiegeln, sondern in diesen Kontext auch aktiv intervenieren, ihn umgestalten und neu mit Bedeutung füllen. Ohne die methodologische Entwicklung der (Kultur-) Zeitschriftenforschung in den letzten Jahrzehnten an dieser Stelle en detail [2] zu diskutieren, soll der aktuelle Forschungsstand zumindest in aller Kürze resümiert werden, um vor diesem Hintergrund den in vorliegender Arbeit verfolgten Forschungsansatz zu situieren und damit verständlicher zu machen.

In letzten Jahrzehnten wurden in den Kulturwissenschaften eine ganze Reihe von ‚Turns‘, ausgerufen, die jedoch alle keinen wirklichen fundamentalen Methodenwechsel implizierten wie dies noch beim sogenannten ‚linguistic turn‘ Ende der 1960er und Anfang der 1970er der Fall war. Vielmehr stellten sie thematische und disziplinäre Verschiebungen innerhalb des kulturwissenschaftlichen Feldes [3] und des darin verankerten Methodenrepertoires dar. Unter dem Stichwort der ‚digitalen Geisteswissenschaften‘ scheint seit einigen Jahren aber tatsächlich wieder ein Paradigmenwechsel im jenem starken Sinne des von Thomas S. Kuhn zur wissenstheoretischen Analyse eingesetzten Begriffes im Gange, also ein struktureller Wechsel bzw. eine ‚Revolution‘ des Wissenssystems (vgl. Kuhn 1970) .

Der an der Stanford Universität lehrende italienischstämmige Komparatist Franco Moretti hat schon vor Jahren die aktuelle Transformation der Geisteswissenschaften vorausgeahnt, als er, pünktlich zu Beginn des neuen Millenniums, die in den Literaturwissenschaften tradierten Formen der intensiven Lektüre, die die Nähe zum Text sucht, um ihn hermeneutisch zu verstehen oder posthermeneutisch zu dekonstruieren, für obsolet erklärte und stattdessen die Notwendigkeit eines „distant reading“ proklamierte (Moretti 2000) . Obwohl Moretti damals noch nicht explizit auf die Möglichkeiten neuer digitaler Technologien geschweige denn auf algorithmenbasiertes Text-Mining verwies, reagierte sein programmatischer Ruf nach Distanzierung vom Text doch bereits auf die massive Digitalisierung literarischer Texte, die Anfang des 21. Jahrhunderts einsetzte, und die sich seither in einem schwindelerregenden Tempo beschleunigt hat.

Inzwischen hat Google Inc., quasi die Mutter der Big Data Projekte, mit der massiven Digitalisierung von Büchern ( Google Books) sowie der Entwicklung von Werkzeugen für deren (digitale) ‚Lektüre‘ ( nGram viewer) das technologische Fundament für eine Quantifizierung der Kultur gelegt, mit der auch der Einzug quantitativer Methoden in die Kulturwissenschaften einhergeht. Franco Moretti seinerseits hat, ungefähr fünf Meilen von diesem Unternehmen entfernt, mit dem sogenannten Literary Lab an der Stanford University ein Experimentierfeld aufgebaut, in dem er mit seinem Team, das über Kompetenzen im Informatikbereich verfügt, basierend auf diesen technologischen Grundlagen systematisch neue Formen des ‚distant reading‘ erprobt und die tradierten Methoden der Literaturwissenschaften mit regelmäßigen „Pamphleten“ provoziert und herausfordert.

Selbstverständlich kann man derartige Prozesse der Annäherung zwischen den akademischen Geisteswissenschaften und dem vor allem von privatwirtschaftlichen und profitorientierten Firmen vorangetriebenen informationstechnologischen Entwicklung kritisieren und mit guten Gründen ablehnen. Seit aber Google auch mit großen öffentlichen Bibliotheken nicht nur im nordamerikanischen Raum (Universitäten Harvard, Princeton, Stanford oder Oxford etc.), sondern auch in Europa (Bayerische Staatsbibliothek, Österreichischen Nationalbibliothek etc.) kooperiert, ist dieser Prozess irreversibel geworden und man wird sich realistisch mit ihm auseinanderzusetzen haben. Die Argumente gegen das Paradigma des ‚distant reading‘, die vorgebracht wurden, leuchten durchaus ein – bis hin zum Vorwurf eines fundamentalen Missbrauchs des Begriff von ‚Lesen‘ durch Moretti, der verkenne, dass Literatur eben nicht aus Daten bestehe, sondern aus Zeichen (z.B. Marche 2012), und dass kulturelle Bedeutung nicht quantifizierbar und mit Algorithmen berechenbar sei.

Unser Ansatz will in dieser Kontroverse eine vermittelnde Position einnehmen und distanziert sich daher von extremen und polemischen Positionen, die in der Diskussion um die ‚digitalen Geisteswissenschaften‘ bisher von beiden Seiten artikuliert wurden. Zum einen gibt es natürlich hinreichend Gründe, die es ratsam erscheinen lassen nicht blindlings auf das Vermögen der Technologie oder die Haltbarkeit der dabei gesetzten Standards zu vertrauen. Allzu kurzschlüssige Anwendungen digitaler Werkzeuge, die nicht für die literatur- oder kulturwissenschaftliche Forschung entwickelt worden sind, haben Ergebnisse produziert, die aus methodologischer Sicht schlicht naiv anmuten und deren Erkenntnismehrwert zu Recht in Zweifel gezogen wurde. Andererseits wäre es kaum weniger naiv, nicht anzuerkennen, dass der Prozess der Digitalisierung unsere geisteswissenschaftlichen Disziplinen und ihre Arbeitsweisen de facto bereits verändert hat und sie weiter verändern wird. Diese Transformation zu ignorieren oder gar fundamentalistisch Widerstand gegen die digitalen Geisteswissenschaften leisten zu wollen, birgt schlicht die Gefahr, dass unsere Forschungsgegenstände und unsere spezifische Wissenskompetenz in einer sich im digitalen Wandel befindenden Gesellschaft zunehmend marginalisiert werden. Sinnvoller scheint es angesichts dieser Lage, zu versuchen, in intelligenter Weise das Potential der neuen Technologien den eigenen disziplinären Zwecken zuzuführen und dafür zu sorgen, dass die Geisteswissenschaften den Wandel aktiv mitsteuern und so die Unentbehrlichkeit ihrer eigenen Forschungsmethoden durch deren Übersetzung ins digitale Zeitalter erfolgreich behaupten können.

In diesem Sinne hat der Historiker Tobias Hodel vor kurzem ein Plädoyer für „das kleine Digitale“ (Hodel 2013) formuliert, das heißt für die Untersuchung von fachwissenschaftlich genau definierten und begrenzten Korpora mit digitalen Werkzeugen, die dabei eine hilfswissenschaftliche Funktion einnehmen. Die Möglichkeit der Vernetzung und Visualisierung von Daten und deren statistisch-quantitative Auswertung müsse mit den in der Geschichtswissenschaft traditionell gepflegten Fähigkeiten der Text- und Quellenkritik, die für die Zusammenstellung eines validen Untersuchungsgegenstandes unumgänglich und eben auch nicht automatisierbar sind, verbunden werden. Derartigen Brückenschläge zwischen Tradition und neuen Technologien sollten auch für die Literaturwissenschaften leitend sein und neue Förderprogramme, die nicht mehr ausschließlich auf ‚digitale‘ Methoden setzten, sondern auf deren Rückkoppelung mit den fachwissenschaftlichen Methodenkompetenzen, stellen die Weichen nunmehr auch vermehrt in diese Richtung [4]. Das im Folgenden vorzustellende Pilotprojekt im Bereich der Kulturzeitschriftenforschung versteht sich in diesem Sinne als ein Versuch zum produktiven Methodenmix durch die Amalgamierung literatur- und kulturwissenschaftlich etablierter Analysemethoden mit den neuen Möglichkeiten der Netzwerkanalyse sowie deren Visualisierung, die in diesem Bereich noch weitgehend unerprobt sind. Der erste vorbereitende Schritt in diese Richtung war die Entwicklung einer Plattform zur Erforschung von Kulturzeitschriften der Moderne aus dem spanischsprachigen Kulturraum ( www.revistas-culturales.de), die sich neben dem Ziel der Vernetzung der in diesem Kulturraum weit verstreuten wissenschaftlichen Community vor allem das Ziel setzt, diese Community an die von den Digitalen Geisteswissenschaften eingesetzten neuen Methoden heranzuführen. Verglichen mit dem Gesamtvolumen der weltweit publizierten Bücher handelt es sich bei den Kulturzeitschriften um ein relativ ‚kleines‘ Korpus [5], das allerdings immer noch viel zu groß ist, um von einer Einzelperson oder einzelnen Forschergruppen allein intensiv bearbeitet werden zu können. Eine erste vorläufige Antwort auf die eingangs gestellte Frage wie man Zeitschriften liest, kann dementsprechend lauten, dass im digitalen Zeitalter eine intensive und rein hermeneutische Lektüre nicht mehr ausreichend ist, sondern dass man für ein Verständnis der Zeitschrift als einer Form der Weltliteratur ( Bulson 2012) die Analysemethoden der Textkritik mit automatischen und distanzierten Lektüren (oder auch Nicht-Lektüren) verknüpfen muss, die man mit den Werkzeugen der Digital Humanities erreichen kann.

 

2. Zeitschriften als Netzwerke und ihre visuelle Repräsentation (H.E.)

Innerhalb dieses allgemeinen methodologischen Rahmens stellt es eine von vielen Möglichkeiten der ‚distanzierten‘ Lektüre dar, Zeitschriften als Netzwerke zu lesen. Wir haben diesen Zugang für eine explorative Erweiterung der Zeitschriftenforschung in Richtung Mixed Methods gewählt, weil es sich dabei um einen Ansatz handelt, der sich gut mit den Anliegen einer systematischen Vernetzung und Zusammenarbeit unterschiedlicher Forschergruppen verbinden lässt und sich qualitative und quantitative Methoden dabei besonders sinnvoll integrieren lassen.

Die Rede vom ‚Netzwerk‘ hat als sozio-kulturelle Metapher schon seit längerer Zeit Konjunktur. Das erklärt sich vor allem aus der gesellschaftlichen Bedeutung des Internets und der damit verbundenen Technologien seit den 1990ern. Spätestens mit Manuel Castells und dem von ihm vorgeschlagenen Konzept der ‚Netzwerkgesellschaft‘ hat die Rede auch den Wissenschaftsdiskurs erreicht und schon diese terminologische Entwicklung stellt an sich einen Indikator für den kulturellen Wandel dar, der auch dem neuen Paradigma der digitalen Geisteswissenschaften zugrunde liegt. Die zunehmende interdisziplinäre Ausdehnung von Methoden der Netzwerkanalyse korrespondiert mit einem veränderten Kulturbegriff, und durch die zentrale Bedeutung des Internets als der technischen Grundlage zur globalen sozialen Vernetzung werden auch immer mehr andere und genuin kulturelle Phänomen als Netzwerke konzipiert und analysiert. Auch in der Zeitschriftenforschung lässt sich dieser Trend beobachten, wenn auch erst seit kurzem. So sind in den letzten Jahren erste Studien erschienen, die ganz explizit mit dem Konzept des Netzwerks arbeiten, wenngleich damit sehr differierende methodische Herangehensweisen bezeichnet werden.

Zu den für die Zielsetzungen unseres Forschungsprojekts besonders relevanten Publikationen gehören die Monografie von Harding 2002, der die Stellung der britischen Zeitschrift The Criterion im Zeitschriftennetzwerk der Zwischenkriegszeit untersucht, ebenso wie die von Pita González 2009 mit ihrer Untersuchung des Boletín Renovación und der damit verbundenen Entwicklung eines Netzwerkes sich dezidiert lateinamerikanisch positionierender Intellektueller in den 1920er Jahren [6]. Methodisch gesehen sind diese ersten Versuche einer Netzwerkforschung in der kulturwissenschaftlichen Zeitschriftenforschung vor allem eine Applikation soziologischer Verfahren der Netzwerkanalyse, die entweder auf eine einzelne Zeitschrift oder ein größeres Korpus von Zeitschriften angewandt werden. Daneben finden sich einige Aufsätze, die nicht auf eine bestimmte Zeitschrift zentriert sind, sondern Zeitschriften und die darüber vermittelten Relationen als polyzentrische Netzwerke untersuchen, sei es im nationalen Rahmen ( Haberman 2009) oder aus einer kulturvergleichenden Perspektive heraus ( Pym 2007).

Innerhalb dieser noch neuen und sehr heterogenen Ansätze einer netzwerkbasierten Zeitschriftenforschung verortet sich auch unser Beitrag und erprobt dabei vor allem die Möglichkeiten der Netzwerkvisualisierung mit Hilfe entsprechender Spezialsoftware. Pjak, UCINET 6, NetDraw, Gephi und andere Programme sind innerhalb der Soziologie bereits weit verbreitet (vgl. Apostolato 2013). Die Bedeutung der Visualisierungsverfahren hat dabei bereits ein solches Gewicht erreicht, dass sich die visuelle Netzwerkanalyse als Teildisziplin der Netzwerkanalyse etabliert hat (vgl. Schönhut et al. 2013). Die Literatur- und Kulturwissenschaften stehen dagegen noch ganz am Beginn und in der experimentellen Erprobungsphase. Und es ist auch sicher kein Zufall, dass ein Großteil der wissenschaftlichen Ansätze dabei von Wissenschaftlern aus nordamerikanischen Forschungseinrichtungen stammt, wo die Institutionalisierung der digitalen Geisteswissenschaften wesentlich weiter fortgeschritten ist als in Europa oder in Lateinamerika. Beispiele sind Zentren wie das bereits erwähnte Literary Lab in Stanford [7], wo Moretti und sein Team Werkzeuge zur Visualisierung von Netzwerken für die Analyse des Plotschemas von Shakespeares Hamlet angewendet haben ( Moretti 2011), oder das Chicago Text Lab [8], wo Richard Jean So und Hyot Long solche Werkzeuge methodologisch etwas orthodoxer für die Untersuchung von literarischen Netzwerken in unterschiedlichen Ländern anwenden, wobei sie ein sehr großes Korpus an sogenannten ‚little magazines‘ einsetzen ( So/Long 2013) [9]. Ein drittes konkretes Beispiel aus der jüngeren nordamerikanischen Forschung stellt das Portal The Modernist Journal Project dar (kurz MJP) dar, das ebenfalls die Idee eines ‚Labors‘ zum Einsatz digitaler Werkzeuge für die Zeitschriftenforschung verfolgt [10]. Erste Forschungserträge dieser Initiative liegen inzwischen vor, wobei insbesondere das Themenheft des Journal of Modern Periodical Studies zur Visualisierung von Zeitschriftennetzwerken zu nennen ist ( Murphy et al. 2014) [11]. Die Ausgabe versammelt Autoren, die alle mehr oder weniger direkt mit dem MJP verknüpft sind und bietet einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand.

Im spanischsprachigen Kulturraum finden sich bisher noch keine vergleichbaren Projekte. Das ist in allgemeiner Hinsicht aus dem Entwicklungsrückstand im Bereich der Infrastrukturen der Digital Humanities und der Informationstechnologien zu erklären, und in spezifischer Hinsicht aus dem Fehlen von gut strukturierten Repositorien mit Volltextversionen und zuverlässigen hemerographischen Metadaten, wie sie das MJP  für die nordamerikanische Zeitschriftenforschung bietet. Die vergleichende Analyse von Kulturzeitschriften im spanischsprachigen Bereich hat dementsprechend mit dem großen Hindernis zu kämpfen, dass die zu untersuchenden Materialien über viele regionale und nationale Archive verstreut und zudem meist unvollständig sind. Mit der zunehmenden Digitalisierung historischer Zeitschriften und der Bildung von Gemeinschaftsportalen wie der Biblioteca Digital de Patrimonio Iberoamericano [12], in denen die einzelnen nationalen bzw. regionalen Bestände zusammen sichtbar gemacht werden können, ist zweifellos ein erster wichtiger Schritt in Richtung Zukunft getan. Allerdings erlauben die bisher erreichten, sehr uneinheitlichen, Standards (was z.B. die Qualität der Metadaten und der OCR-Bearbeitungen betrifft) es noch nicht, mit den frei zugänglichen Digitalisaten ohne aufwändige technische Nachbereitung fachwissenschaftlich weiterzuarbeiten. Für den Einsatz der Visualierungssoftware griffen wir daher zunächst auf Zeitschriften zurück, die als Faksimileeditionen verlässlich verfügbar waren und zu denen bereits Indizes erstellt wurden, so dass eine zuverlässige Informationsbasis vorhanden war. Konkret handelt es sich um folgende Zeitschriften.

1. Contemporáneos (1928-31), eine Zeitschrift, die nicht nur als Plattform für die sogenannte Gruppe der Contemporáneos wichtig ist, sondern auch allgemein für die Entwicklung der Literatur der mexikanischen Moderne große Bedeutung besitzt (vgl. Forster 1963; Mullen 1971a-c; Sheridan 1985 und 1988; etc.). Innerhalb des Spektrums formaler Typen, die sich in der Zeitschriftenforschung unterscheiden lassen, handelt es sich eindeutig um eine Literaturzeitschrift. Kennzeichnend für das Programm der Zeitschrift war – soweit der Konsens der Forschung – der Einsatz für die Autonomie der Literatur aber auch der dezidierte Versuch, nationale Grenzen zu überschreiten und die mexikanische Literatur mit aktuellen Tendenzen der Weltliteratur zu verknüpfen.

2.  Hora de España (1937-38) situiert sich als in Valencia erschienene Zeitschrift nicht nur in einem anderen nationalen Raum, sondern auch in einem völlig veränderten literarischen Umfeld, dem der Literatur zu Kriegszeiten. Der Ausbruch des spanischen Bürgerkrieges implizierte einen weitgehenden Verlust der Autonomie der Literatur, die ungleich direkter als vor dem Krieg auf die sozio-politischen Voraussetzungen ihres Kontextes bezogen ist und auf diesen reagiert (vgl. Caudet 1975, Roumette 1977, Jiménez Millán 1982, Villar Dégano 1984, Grillo 1990, Benci 2003, Fernández Hoyos 2006, etc.)

3. España Peregrina (1940) schließlich erschien erneut in Mexiko, stellt innerhalb dieses Kontextes aber – wie der Titel schon indiziert – ein Projekt dar, das sich weiterhin an Spanien ausrichtete. Die Zeitschrift versammelte Exilrepublikaner, die ihr Leben und damit natürlich auch ihr literarisches Netzwerk an die veränderten Umstände anpassen mussten (vgl. Caudet 1977, Abellán 1996, Tissera 1997­–1998, Férriz Roure 2002, etc.)

Die drei Zeitschriften stellen zusammen ein Korpus dar, das die Untersuchung von Netzwerken in unterschiedlichen Dimensionen und aus einer transnationalen vergleichenden Perspektive heraus erlaubt. Wir verstehen Kulturzeitschriften dabei nicht als Akteursnetzwerke in einem rein soziologischen Sinne. Eine Zeitschrift stellt an sich auch kein einzelnes, eindimensionales und klar konstituiertes Netzwerk dar, sondern bildet vielmehr ein mehrdimensionales Medium, aus dem sich unterschiedliche Typen von Netzwerken zur Analyse gewinnen lassen. Zunächst ließen sich, dem Vorschlag von Murphy ( 2014, 11) folgend, zweitschrifteninterne Netzwerke (die Zeitschrift als „Intranet“, das Autoren und deren Texte verknüpft) von den Netzwerken unterscheiden, die sich im Kontakt zwischen verschiedenen Zeitschriften bilden (die Zeitschrift als „Internet“). Gleichzeitig ist diese Unterscheidung zwischen dem Inneren und Äußeren einer Zeitschrift, so nützlich sie heuristisch zunächst erscheint, äußerst durchlässig und porös, denn jede Zeitschrift bildet schon aufgrund ihres periodischen Charakters ein mehrdimensionales dynamisches Netzwerkgeflecht, in dem das Äußere ins Innere gefaltet wird. Konkret bilden die in den vorangegangenen Ausgaben etablierten Kontakte zwischen internen und externen ‚Knotenpunkten‘ immer die Ausgangsbasis für die redaktionellen Entscheidungen zur Konzeption einer Folgenummer [13], so dass externe und interne Faktoren im zeitlichen Verlauf eines Zeitschriftenprojekt nur künstlich trennbar sind. Als ein ‚Objekt‘ der Forschung ist jede einzelne Zeitschrift in rezeptionsästhetischer Hinsicht durch die Pluralisierung der Interpretationskontexte und die Dynamisierung der Funktionen von Produzent und Rezipient geprägt (vgl. Louis 2013). Diese Feststellung gilt auch, wenn man die Zeitschriften als ein Netz von Kontakten konzipiert und vergleichend erforscht.

Die Unbestimmtheit des Mediums Kulturzeitschrift, sowohl hinsichtlich seines Formspektrums als auch was die Variabilität der Inhalte betrifft, macht es zu einem extrem komplexen und schwierig zu untersuchenden Gegenstand – schwierig im Vergleich sowohl zu Autorenmonographien als auch zu Anthologien, deren Selektionsmuster wesentlich einfacher zu bestimmen sind. Doch genau diese Mehrdimensionalität und medienhistorische Dynamik der Kulturzeitschrift machen sie zu einem geeigneten Objekt, an dem neue Methoden der Netzwerkforschung kollaborativ erprobt werden können, da ganz unterschiedliche Fragestellungen an dieses Medium gestellt werden können.

Ähnlich wie Murphy et al 2014 will unser Ansatz die Möglichkeiten ausloten, die sich durch neue Visualisierungsprogramme für die Erforschung von Zeitschriften als Netzwerken bzw. für die in Zeitschriften situierten Netzwerke ergeben. Da ein digitales Korpus, das qualitativ mit dem des MJP vergleichbar wäre, aber für den spanischsprachigen Raum noch fehlt, haben wir als Ausgangsbasis die Daten gesammelt, die den schon publizierten Indizes der Zeitschriften entnommen werden konnten, diese neu kategorisiert und mit selbst erhobenen weiteren Daten angereichert. Es soll gezeigt werden, dass die Visualisierung der Daten mit Gephi nicht nur eine neue Form der Darstellung des bereits bekannten Wissens über diese Zeitschriften ermöglicht, sondern auch einen eigenen erkenntnistheoretischen Mehrwert produziert, da die Synchronisation und Verknüpfung von Daten als Netzwerk Strukturmuster erkennbar macht, die bei der sequentiellen Lektüre von gedruckten Inhaltslisten unerkannt bleiben müssen. Diesen Mehrwert zu behaupten impliziert jedoch nicht, dass dadurch semantische Analysen und Inhaltsinterpretationen der Texte überflüssig würden oder durch automatische, auf Algorithmen basierende Computerberechnung gänzlich ersetzt werden könnten. Damit die Technik in den Dienst der Erkenntnis gestellt werden kann, reicht auch nicht die einfache Kombination von „human markup and automated statistical techniques“ ( Drouin 2014, 111) im Sinne einer mechanischen Verkoppelung von Methoden der quantitativen und qualitativen Analyse. Vielmehr müssen vor allem die jeweilig eingesetzten Analysekategorien kritisch hinterfragt und die methodischen Voraussetzungen zur gegenseitigen Validierung eingesetzt werden. Denn die Kategorien, die zur Datenanalyse eingesetzt sind, sind in ihrem jeweiligen Kulturkontext ja zeichenhaft und als solche interpretierbar. In diesem Sinne soll unser exemplarisches Anwendungsbeispiel nicht nur Ergebnisse liefern und zur Diskussion stellen, vielmehr soll zugleich auch der Forschungsprozess selbst dokumentiert und damit für weitere Anwendungsfälle kritisch nutzbar gemacht werden. Zu diesem Zweck wird ergänzend zu diesem Beitrag, in dem die Ergebnisse der am geschilderten Zeitschriftenkorpus gewonnenen explorativen Studie vorgestellt werden, ein weiterer Beitrag veröffentlicht, der unsere vorbereitende Arbeiten zur Datenerfassung und den Umgang mit den eingesetzten digitalen Werkzeugen ausführlich erläutert.

 

3. Einige digitale Analysen:  Contemporáneos,   Hora de España, España Peregrina (T. H.)

Bei der Erstellung der Grafiken, statistischen Auswertungen und Netzwerke sind wir wie folgt vorgegangen: In Excel erstellten wir für jede Zeitschrift eine Metadatensammlung mit den Kategorien Name des Autors, Geburtsjahr, ggf. Todesjahr, Alter bei Erstpublikation in der Zeitschrift, Nationalität, Geschlecht, Titel des Beitrags in der Zeitschrift, Ausgabennummer der Zeitschrift, Datum der Publikation, Sprache des Beitrags, ggf. Name des Übersetzers, Genre des Beitrags (von der Zeitschrift festgelegt), Genre des Beitrags (vom Index festgelegt), Genre des Beitrags (vergleichbare Kategorien, von uns festgelegt). Basierend auf diesen Daten haben wir statistische Auswertungen in Tabellen und Diagrammen vorgenommen, die eine erste Strukturstufe darstellen. Wir haben für diese Veröffentlichung jeweils die Beiträge pro Autor in Tabellenform mitaufgeführt, wobei wir einmalige und zweimalige Beiträger als Auflistung unter der jeweiligen Tabelle aufgeführt haben. Darüber hinaus haben wir weitere statistische Daten angehängt, die einen Überblick über die Gestaltung der jeweiligen Zeitschrift ermöglichen sollen. Für die Netzwerkanalysen wurde auf die letztgenannte Genreunterteilung, der von uns festgelegten vergleichbaren Kategorien, zurückgegriffen um zwischen den Zeitschriften Bezüge ziehen zu können, da die Genrefestlegung in den Zeitschriften nicht durchgängig angewendet wurde und die Einteilung der Indizes zu spezifisch war. Für unsere Genreeinteilung haben wir uns möglichst grobe Großkategorien in englischer Sprache geschaffen. Im Einzelnen sind dies: Non-Fictional Prose, Fictional Prose, Lyricism, Drama, Review, Magazine Review, Drama, Image. Alle hier zu sehenden Netzwerke wurden mit Gephi erstellt.

 

3.1 Contemporáneos (Mexiko, 1928-1931)

Redaktionelle Leitung: Jaime Torres Bodet, Bernardo Ortiz de Montellano, Enrique González Rojo und Bernardo J. Gastélum.

20 Autoren mit jeweils zwei Beiträgen:

Manuel Azaña, Alfonso Casal, Antonio Castro Leal, Juan Charlot, T.S. Eliot, Waldo Frank, Martín Pacanio Gómez, Enrique González Martínez, José G. Heredia, D.H. Lawrence, Juan Marinello, André Maurois, Pablo Neruda, Emanuel Palacios, Carlos Pellicer, Miguel Pérez Ferrero, Leopoldo Salazar Viniegra, Sor Juana Inés de La Cruz, Jules Supervielle, Julio Torri, Paul Valéry.

72 Autoren mit jeweils einem Beitrag:

Jesús Acevedo, Manuel Altolaguirre, Guillaume Apollinaire, Agustín Aragón Leivea, Nathan Asch, Enrique Asúnsolo, William Blake, Massimo Bontempelli, Jorge Luis Borges, Anton Giulio Bragaglia, León Felipe, José G. Cardona, Luis Cardoza y Aragón, Jean Cocteau, Aaron Copland, Emanuel de Palacios, Gerardo Diego, Salvador Domínguez Asiain, Sergei M. Eisenstein, Paul Éluard, Ramón Fernández, James Fiebelman, John Gould Flecher, Alfredo Gangotegna, Sebastián Gasch, André Gide, Pablo González Casanova, Miguel González, José Gorostiza, Andrés Henestrosa, José María Hinojosa, Langston Hughes, Vicente Huidobro, Jaime Ibarra, Juana de Ibarborou, Valéry Larbaud, Jacques LeClercq, Renato Leduc, Luisa Luisi, Eduardo Luquín, Jorge Manach, José Martínez Sotomayor, E. Ulloa Martínez, John Masefield, Antonio Mediz Bolio, Anselmo Mena, Miguel Othón de Mendizábal, Carlos Mérida, Francisco Monterde, Paul Morand, León Pacheco, Francisco Pérez Salazar, Saint-John Perse, Joaquín Ramírez Cabanas, Robert Ricard, Jules Romains, José Romano Muñoz, Manuel Romero de Terreos, Juan B. Salazar, Ángel Sánchez Rivero, Pedro C. Sánchez, Dorothy Schons, Felipe Teixidor, Arturo Torres Rioseco, Manuel Toussaint, Carl van Doren, Dr. Villa, Eduardo Villaseñor, Franz Werfel, Thornton Wilder, Zárate, Ángel Zarraga

Weitere statistische Daten: 353 Beiträge von 119 verschiedenen Autoren. 43 Ausgaben, verteilt über einen Zeitraum von 4 Jahren.

Genreverteilung: 41% Non-Fictional Prose, 24% Review, 1% Magazine Review, 22% Lyricism, 10% Fictional Prose, 2% Drama

Herkunftsländer der Autoren: 1% jeweils Ecuador, Deutschland, Guatemala, Uruguay, UdSSR und Polen. 2% jeweils Cuba, Argentinien und Italien. 3% Chile. 4% Großbritannien, 8% Nord-Amerika. 9% Spanien. 13% Frankreich. 51% Mexico.


Abbildung:  Contemporáneos (Gephi)

Bemerkungen:

- Wichtigstes Genre: Non-Fiktionale Prosa, daneben auffällig viel Lyrik.

- Ausgeprägtes Rezensionswesen: Wird vor allem von der Redaktion gestemmt, aber auch von anderen häufigeren Beiträgern unterstützt: z.B. Celestino Gorostiza, Emilio Abreu Gómez und Xavier Villaurrutia.

- Genreübergreifend arbeitende Autoren; Verknüpfung rückgebunden vor allem an Non-Fiktionale Prosa. Hohe Dichte zwischen Non-Fiktionaler Prosa und Rezensionen sowie zwischen Lyrik und Non-Fiktionaler Prosa.

- Zahlreiche genreübergreifend schreibende Mehrfachbeiträger; Verortung der Zeitschrift im kulturellen Betrieb? Lange Laufzeit der Zeitschrift.

 

3.2 Hora de España (Spanien 1937-1938)

Redaktionelle Leitung: Rafael Dieste, Antonio Sánchez Barbudo, Ramón Gaya, Juan Gil-Albert, María Zambrano und Arturo Serrano Plaja

11 Autoren mit jeweils zwei Beiträgen:

Ramón Diestro, Andrés Iduarte, Benjamín Jarnés, Julián María, Juan Marinello, Octavio Paz, Stanley Richardson, Alfonso Rodríguez Aldave, Stephen Spender, William Wordsworth, Concha Zardoya

65 Autoren mit jeweils einem Beitrag:

Vicente Aleixandre, Dámaso Alonso, Claude Aveline, Rafael Beltrán Logroño, Jacinto Benavente, Julien Benda, Germán Bleiberg, Juan de la Cabada, Josep, María Cadevila, Luis Capdevila, Francisco Caudet, Blanca Chacel, André Chamson, Abelardo Clarina, Malcolm Cowley, Ilya Ehrenburg, Xavier Farias, E. Fernández, Mariano G. Fernández, Federico García Lorca, Sebastián Gasch, J. Gimeno-Navarro, Fernando González, Jacinto Grau, Nordahl Grieg, David Guest, Nicolás Guillén, José Herrera Petere, Vicente Huidobro, Ramón Iglesia, César Augusto Jordana, Feedor Kelyin, Mariano José de Larra, Jef Last, José López-Rey y Arrojo, Thomas Mann, Joshe Mari, Otto Mayer, Clemencina Miró, José Fernández Montesinos, Margarita Nelken, Pablo Neruda, Andersen Nexo, Lino Novas Calvo, Eduardo de Ontañón, José María Ots, Timoteo, Pérez Rubio, Alejandro Puschkin, Pere Quart, Fernando de los Ríos, Adolfo Salazar, Adolfo Sánchez Vázquez, Pedro Sanjuan, Luis Santullano, Ovadii Savitch, Anna Seghers, Tristan Tzara, Manuel Valldeperes, César Vallejo, Fernando Vázquez, Miguel Villá, Xavier Villaurrutia, Javier de Winthuysen, Joaquín Xirau, Robert Young

Weitere statistische Daten: 404 Beiträge von 117 verschiedenen Autoren. 23 Ausgaben, verteilt über einen Zeitraum von zwei Jahren.

Genreverteilung: 47% Non-Fictional Prose, 37% Lyricism, 13% Fictional Prose, 1% Review, 1% Drama, 1% Image

Herkunftsländer der Autoren: 1% Brasilien. 1% jeweils Peru, Rumänien, Dänemark, Niederlande, Norwegen, USA und Argentinien. 2% jeweils Großbritannien, Mexiko, Kuba und Chile. 3% Deutschland. 4% UdSSR und Frankreich. 74% Spanien


Abbildung: Hora de España (Gephi)

Bemerkungen:

- Antonio Machado. Wirft man einen Blick in das dahinterliegende Datasheet wird klar, dass in Hora de España hier sukzessive große Teile seines Alter-Ego-Werkes Juan de Mairena veröffentlicht werden.

- Durch das Netzwerk lässt sich Antonio Machados Wirken in Hora de España weiter differenzieren. Neben Juan de Mairena trägt er vor allem Lyrik und wenig Non-Fiktionale Prosa bei. Juan de Mairena als Repräsentant der politisch-kulturellen Ausrichtung der Zeitschrift.

- Viel Non-Fiktionale Prosa: Politische Umbrüche der Zeit, intellektuell-politische Ausrichtung der Zeitschrift. Gründer und zentrale Figuren beteiligen sich in besonderem Maße an diesem Genre.

- Zahlreiche Mehrfachbeiträge von Nicht-Redaktionsmitgliedern; auch genreübergreifend. Rolle der Zeitschrift im Kulturbetrieb. Ziel der Zeitschrift: Spaniens kulturelles Leben in Kriegszeiten aufrechtzuerhalten.

- Kaum Rezensionen: Widerspruch zur Zielsetzung? Fehlt dementsprechendes Material?

 

3.3 España Peregrina (Mexico, 1940)

Redaktionelle Leitung: José Bergamín, José Carner und Juan Larrea (Sekretär: Eugenio Imaz)

52 Autoren mit jeweils einem Beitrag:

Jay Allen, Manuel Azaña, César Vallejo, Walt Whitman, Rodolfo Halffter, Pierre Mabille, Gérard de Nerval, A.V. Phillips, Emilio Prados, Paul Éluard, Ramón Iglesia, Pablo L. Landsberg, José María Quiroga Plá, Manuel Rodríguez Lozano, Luis Cernuda, M.G. García, Ángel Ossorio y Gallardo, Paul Reynaud, Juan Roura-Parella, Laureano Sánchez Gallego, Marcelo Santaló Sors, Conde Sforza, Pedro Garfias, Pío XI, Georges Bernanos, S.T. Coleridge, Pi y Margall, Juan Rejano, Carlos Velo, José M. de Heredia, Mariano José de Larra, David Lord, Faustino Miranda, Manuel José Quintana, Geneviéve Tabouis, Juan Vicens, Rubén Darío, Bernardo Ortiz de Montellano, José Luis Sánchez Trincado, F. Valdés Leal, William Wordsworth, Cristóbal Colón, Isidoro Enríquez Calleja, Cardenal Gomá, Leopoldo Lugones, Manuel Márquez, Gabriela Mistral, Alfonso Reyes, Francisco Romero, Ramón Serrano Suñer, Luis E. Valcárcel, Juan Valera

Weitere statistische Daten: 201 Beiträge von 74 verschiedenen Autoren. 10 Ausgaben, verteilt über einen Zeitraum von etwas mehr als einem Jahr.

Genreverteilung: 73% Non-Fictional Prose, 11% Lyricism, 9% Review, 1% Magazine Review, 4% Bibliography, 2% Fictional Prose

Herkunftsländer der Autoren: 1% jeweils Cuba, Ecuador, Deutschland, Nicaragua, Uruguay. 3% jeweils Großbritannien, Nord-Amerika, Argentinien, Chile, Peru, Italien. 7% jeweils Mexico bzw. unbekannter Herkunft. 10% Frankreich. 52% Spanien.


Abbildung: España Peregrina

Bemerkungen:

- Ausgeprägtes Rezensionswesen / Ziel der Zeitschrift: sich innerhalb ihrer intellektuellen und kulturellen Umgebung zu verorten.

- Redaktion als häufigster Beitragsspender: Fast nur Non-Fiktionale Prosa. Kaum Unterschiede in der Visualisierung, wenn die Beiträge an die einzelnen Autoren rückgebunden werden, da Larrea, Bergamín und Carner ohnehin hauptsächlich an Non-Fiktionaler Prosa beteiligt waren.

- Autoren durchbrechen Genregrenzen kaum und tragen selten mehr als einen Artikel bei. Ein stabiles Netzwerk kann nicht aufgebaut werden. Dies wird verständlich vor dem Hintergrund der Exilsituation, in der España Peregrina entstand, sowie der kurzen Laufzeit.

 

3.4 Autoren, die Zeitschriften übergreifend arbeiten

Da wir die Daten zu den einzelnen Zeitschriften bereits hatten, kam uns die Idee, dass wir diese verbinden könnten, um somit unserem übergeordneten Ziel – transnationale intellektuelle und kulturelle Netzwerke sichtbar zu machen – näher zu kommen. Dazu überführten wir zunächst die Autoren der oben behandelten Zeitschriften, also Hora de España, España Peregrina und Contemporáneos in ein Datasheet und visualisierten dieses mithilfe von Gephi als Netzwerk.


Abbildung 4: Hora de España, España Peregrina, Contemporáneos

Das Netzwerk legt nahe, dass zwischen diesen Zeitschriften vor allem Pablo Neruda und León Felipe als Kulturvermittler fungierten. Beide Autoren haben innerhalb der jeweiligen Zeitschriften eher eine kleinere Rolle gespielt, doch wird hier deutlich wie involviert sie in die kulturellen Entwicklungen ihrer Zeit waren.

Neben den Daten dieser drei Zeitschriften hatten wir weitere Datensätze von zwei kleineren spanischen Zeitschriften: Sur (Málaga) und Horizonte. Probeweise haben wir diese Daten mit den drei oben genutzten Datensätzen verbunden um zu sehen, welche Veränderungen sich daraus ergeben. Das Resultat weist einige interessante Abweichungen auf.


Abbildung 5: Zeitschriften übergreifend arbeitende Autoren: Sur(Malaga), Horizonte, Hora de España, España Peregrina, Contemporáneos

In der unten stehenden Liste sind diejenigen Autoren mit den jeweiligen Zeitschriften aufgelistet, die an drei Zeitschriften beteiligt waren.

Federico García Lorca: Hora de España, España Peregrina, Horizonte
José Bergamín: Hora de España, España Peregrina, Horizonte
Antonio Machado: Hora de España, España Peregrina, Horizonte
Pedro Garfias: Hora de España, España Peregrina, Horizonte
Manuel Altolaguirre: Sur, Hora de España, Contemporáneos 
Emilio Prados: Sur, Hora de España, España Peregrina
Pablo Neruda: Hora de España, Contemporáneos, España Peregina
León Felipe: Hora de España, Contemporáneos, España Peregrina

An mehr als drei Zeitschriften beteiligt war kein Autor. Die Kulturvermittlerrolle von Pablo Neruda und León Felipe scheint sich zu relativieren, wenn man bedenkt, dass neben ihnen diesem kleinen Netzwerk schon fünf weitere Autoren Beiträger bei drei Zeitschriften waren. Allerdings sind sie beiden neben Manuel Altolaguirre die einzigen Autoren, die sowohl in einer auf Mexikos kulturelle Entwicklung konzentrierten Zeitschrift ( Contemporáneos), als auch in Zeitschriften, die Spanien als kulturelles Zentrum für sich beanspruchen ( Hora de España, España Peregrina), tätig werden. Gerade in der Abgrenzung zu den anderen stärkt das die Vermutung der Bedeutung ihrer Tätigkeit in der Kulturvermittlung. Auf diese Frage wird im nächsten Punkt näher einzugehen sein.

Um tatsächlich relevante Aussagen über intellektuelle und kulturelle Vermittlerfiguren in der Zeitschriftenszene der spanischen und lateinamerikanischen Moderne treffen zu können, müssten natürlich wesentlich mehr Daten untersucht werden. Jedoch zeigt sich schon beim Vergleich dieser beiden kleinen Versuche, wie überraschend fruchtbar solche Visualisierungen sein können, und wohin eine Untersuchung von möglichst vielen Zeitschriften führen könnte.

 

4. Auf dem Weg zu einer vergleichenden Erforschung spanischsprachiger Kulturzeitschriften (H.E. und T.H.)

Nach der Präsentation der Netzwerkvisualisierungen und der Schilderung der dafür nötigen Vorarbeiten stellt sich am Ende vor allem die Frage nach dem Mehrwert an Erkenntnis, den ein solches statistisch-quantitatives Verfahren im Vergleich zu dem erbringt, was sich mit den herkömmlichen Mitteln der Textanalyse gewinnen ließe. Ein solcher Mehrwert lässt sich nachweisen und auf unterschiedlichen Niveaus situieren.

Die mit den Zeitschriften vertrauten Fachexperten werden die Resultate unserer Netzwerkanalysen zunächst nicht unbedingt überraschen. Die in der Netzwerkanalyse klar ersichtliche herausragende Bedeutung von Antonio Machado für Hora de España etwa ist von allen Kritikern, die sich mit der Zeitschrift beschäftigt haben ebenso konstatiert worden wie der große Anteil an Lyrik. Auch wird, um ein zweites Beispiel zu nennen, der Grad der Internationalität der Beiträger von Contemporáneos, den die Statistik widerspiegelt, kaum erstaunen. In der Forschung wurde die internationale Ausrichtung der Zeitschrift und die Frage, wie mexikanisch-national und/oder universell das von der „Revista de cultura mexicana“ verfolgte Literaturprogramm tatsächlich war, immer wieder diskutiert [14]. Dass das Resultat der quantitativen Analyse in dieser Hinsicht erwartungsgemäß ausfällt, stellt jedoch keinen methodischen Mangel dar. Im Gegenteil. Denn erst die so erreichte datenbasierte quantitative Basis ermöglicht es, dass die Trans- und Internationalität von Contemporáneos mit anderen Zeitschriften verglichen werden kann, und die Ergebnisse solcher Vergleiche nicht nur reine Leseeindrücke widerspiegeln, sondern statistisch valide sind. Analoge Fälle, die sich zum Vergleich anbieten würden, wären etwa in Frankreich der Mercure de France oder in Spanien die Revista de Occidente [15], für die zumindest für die Zwischenkriegszeit auch bereits statistische Auswertungen vorliegen [16]. Voraussetzung dafür dass aus der strukturierten Datengrundlage für die zukünftige Forschung ein tatsächlicher Mehrwert entsteht, ist allerdings die nachhaltige Sicherung und die Nachnutzbarkeit der Daten. Unser Projekt ist diesen Zielen nachdrücklich verpflichtet. Neben der Gewinnung einer verlässlichen Datenbasis sind die bisher genannten Ergebnisse unserer Netzwerkanalyse auch in einem weiteren Punkt gewinnbringend. Denn die Ergebnisse, die für die Experten erwartbar sind, werden mit der Netzwerkdarstellung nun nicht mehr nur intersubjektiv validierbar, sondern auch offensichtlich in einem ganz wörtlichen Sinne. Sie sind durch die Darstellung in Netzwerkform auf den ersten Blick erkennbar auch ohne vorhergehende intensive semantische Lektüren. Die Visualisierung als Netzwerk hilft so, formale Charakteristika der Zeitschriften evident zu machen. Zwar kann dies kein Endergebnis sein, denn die mit den Formen verbundenen kulturellen Bedeutungen müssen in einem zweiten Schritt in den jeweiligen Kontexten weiter untersucht werden, aber es ist eben ein Ergebnis, das mehr liefert als nur eine auf subjektiver Lektüreerfahrung gewonnene Hypothese.

Die formale Sicht auf die Zeitschriften, die durch die Datenstruktur und deren Visualisierung erzwungen wird, hilft aber nicht nur, den in der Forschung bereits erzielten Konsens evidenter und nachprüfbarer zu machen, sondern ermöglicht auch eine leichtere Falsifikation von Thesen, die keinen Konsens in der Forschung finden. So wurde in der Forschung zu Hora de España bisher etwa lediglich von Villar Degano die Rolle weiblicher Autorinnen als ein besonderes Charakteristikum der Zeitschrift behauptet [17]. Unsere statistischen Daten bestätigen eine relativ hohe Beteiligung durch Frauen (9.18% aller Beiträge) innerhalb dieser Publikation, wenn man sie mit der extrem niedrigen Beteiligung weiblicher Autorinnen in Contemporáneos (1,42 % der Beiträge) und España Peregrina (1,99 % der Beiträge) vergleicht. Auch wenn die Datenmenge für professionelle Statistiker zu gering für wirklich valide Ergebnisse sein mag, lässt sich doch immerhin aus unserer ersten Fallstudie heraus sagen, dass Villar Degano quantitativ gesehen nicht ganz unrecht hat. Die Beteiligung weiblicher Autorinnen in einer dezidiert republikanisch ausgerichteten Zeitschrift wie Hora de España könnte theoretisch zunächst auch durchaus für ein emanzipatorisches Anliegen sprechen. Diese Hypothese allerdings muss, im Blick auf die ebenso republikanisch ausgerichtete España Peregrina, in der die Beteiligung weiblicher Autorinnen wieder auf das in dieser Zeit ‚normale‘ Minimalmaß zurückgeht, schnell ad acta gelegt werden. Der im statistischen Vergleich auffällige Wert wäre daher in einer qualitativen kontextuellen Analyse weiter zu überprüfen und es wäre zu klären, worauf die von Villar Degano pauschal konstatierte Relevanz des „papel de la mujer“ genau gründet. Ergibt sich der statistische Effekt nur aus der Präsenz einer Frau im Redaktionsteam (mehr als ein Drittel der weiblichen Beiträge und 3,22 % der Gesamtbeiträge stammen immerhin von Maria Zambrano persönlich) und ist diese Präsenz lediglich den pragmatischen Umständen des Krieges geschuldet (so stieg ja auch trotz der programmatischen Frauenfeindlichkeit des Futurismus in den futuristischen Zeitschriften während des ersten Weltkriegs der Anteil weiblicher Autorinnen an, einfach weil die Männer mehrheitlich an der Front und nicht mehr als Schriftsteller verfügbar waren) oder handelt es sich dabei doch um ein formales Indiz, das mit den inhaltlich verfolgten Zielsetzungen der Zeitschrift korrespondiert? Eine vergleichende Zeitschriftenforschung auf einer breiten datenbasierten Grundlage kann darüber hinaus in dieser Hinsicht verlässlichere Ergebnisse liefern als der einfache Wechsel des Fokusses akteurszentrierter Netzwerkforschung hin zu weiblichen Akteuren (vgl. Fernández 2015 als jüngstes Beispiel). Der Austausch von männlichen Akteuren durch Akteurinnen in der sozialen Netzwerkforschung korrigiert zwar erfolgreich die historische Marginalisierung, hilft aber zur Analyse der Gründe dieser Marginalisierung nicht wirklich weiter. Ein Verständnis der kulturellen Voraussetzungen und Effekte von Genderhierarchien wird man erst durch eine valide Erforschung der historischen Entwicklungsdynamiken gewinnen, und Validität wäre dabei zu sichern durch den Einsatz intersubjektiv nachvollziehbarer, genderneutraler Methoden wie wir sie vorschlagen.

Neben der schon betonten intersubjektiven Validierbarkeit und der Steigerung von Evidenz liegt eine weitere erkenntnistheoretische Stärke unserer Methode nicht zuletzt in der Eröffnung neuer Fragestellungen und Perspektiven. Auch diese Behauptung soll anhand der aus den vorliegenden Netzwerkdarstellungen gewonnenen Resultate belegt werden. Ein großer Vorteil des Zeitschriftenvergleichs im Verhältnis zu den bisher dominierenden Einzelfallstudien liegt ja darin, dass erst dadurch Akteure ins Blickfeld geraten, die als Kulturvermittler bzw. ‚Broker‘ tätig waren. Richard Jean Su und Hyot Long haben in ihrer groß angelegten Studie zu Little Magazines aus dem nordamerikanischen, chinesischem und dem japanischen Kulturraum eine entscheidende funktionale Differenz zwischen sozialen und literarischen Netzwerkdynamiken herausgearbeitet. Das hohe Prestige, das Brokerfiguren, die zwischen unterschiedlichen Netzwerken vermitteln, in der modernen Gesellschaft genießen, lässt sich demzufolge nicht ohne weiteres auf die Mechanismen des literarischen Feldes übertragen, wo die Anerkennung offenbar sehr viel stärker vom vermeintlichen Grad an individueller Autonomie abhängt [18]. Die beiden Autoren betonen darüber hinaus auch die dialektische Interdependenz zwischen close und distant reading, die abwechselnd eingesetzt werden müssen, um das Wirken solcher Akteure und ihre Funktionen im literarischen Feld untersuchen zu können [19].

Überträgt man diese literatursoziologische Fragestellung auf unser Korpus, so stechen beim Vergleich des zeitschriftenübergreifenden Netzwerks von Beiträgern in Contemporáneos, Hora de España und España Peregrina in unserer Visualisierung zwei Personen hervor (siehe Bild 5), die bei den Forschungen zu den einzelnen Zeitschriften sonst keine größere Beachtung finden: Pablo Neruda und León Felipe. Dieses Ergebnis erklärt sich natürlich aus der simplen Rechenlogik, die der Netzwerkdarstellung zugrunde liegt und die jedem Beitrag formal denselben ‚Wert‘ zuordnet. Um die tatsächliche Rolle dieser beiden Autoren in den jeweiligen Publikationen bestimmen zu können, muss man sich vertieft mit den Texten auseinandersetzen und deren semantische Dimensionen berücksichtigen, kontextuelles Wissen mit in die Analyse einbeziehen und die spezifische Logik des literarischen Felds und seiner symbolischen Hierarchien und Wertungsmechanismen kennen. Ein in einer Zeitschrift veröffentlichtes Gedicht ist bei der Verteilung des feldeigenen symbolischen Kapitals der Literatur eben nicht gleichwertig nicht mit einer Rezension. Aber auch für die qualitativen Untersuchungen, die für eine wirkliche Analyse der Funktionslogik der Zeitschriften unerlässlich bleibt, erweist sich die Datenbasis, die für die quantitative Netzwerksynopse erstellt wurde, als sehr nützlich, da sie eine schnelle Lokalisierung der Beiträge ermöglicht und den Zugriff auf die zu untersuchenden Texte wesentlich erleichtert. Der Mehrwert der durch die Daten generiert wird, ist damit ein doppelter: sie sind die Voraussetzung für Visualisierungen, die allererst formale Muster erkennen lassen, die sonst nicht in den Blick gekommen wären, und unterstützen Lektüren, die ein wiederum ein wirkliches Verstehen der kulturellen Bedeutung dieser formalen Muster ermöglichen.

Analysiert man die Fälle von Neruda und León Felipe, die durch die Visualisierung als Broker zwischen den Netzwerken hervorgehoben sind, zeigt sich, dass wir es in beiden Fällen jeweils mit einer ganz unterschiedlichen Logik der Kontaktstiftung zu tun haben. Bei Neruda kann man nicht wirklich von einem Broker im Sinne der sozialen Netzwerkanalyse sprechen, denn er erweist sich nicht als Akteur, der aktiv zwischen den drei Zeitschriften Verbindungen etabliert. Seine Präsenz in den Zeitschriften ist weniger einem gemeinsamen Netzwerk geschuldet, an dem er aktiv partizipiert, sondern erklärt sich aus seinem symbolischen Kapital als Dichter. Contemporáneos publizieren im Jahr 1931 zweimal (in der Aprilausgabe und im September) Gedichte von Neruda, der damit als einer von vielen zeitgenössischen lateinamerikanischen Poeten fungiert, deren Dichtung im Einklang mit dem Geschmack der Redakteure der Zeitschrift und deren Konzeption von Moderne stand. Im Kontext von Contemporáneos ist Neruda dabei ein junger Autor, der für die aufstrebende neue Generation steht. Sieben Jahre später, in Hora de España, ist Neruda bereits ein anerkannter Autor, der sich außerdem durch seine entschlossene Unterstützung der II. spanischen Republik sowie seine Freundschaft zu Federico García Lorca politisch eindeutig positioniert hatte. Der einzige Beitrag Nerudas in der spanischen Zeitschrift, ein Nachdruck einer in Paris abgehaltenen Konferenz zu Ehren von Lorca in der dritten Ausgabe der Zeitschrift, entspricht genau dieser Funktion der Werteanalogie zwischen Nerudas Werk und dem Programm der Publikation [20].

Trotz eigener minimaler und nur passiver publizistischer Beteiligung nimmt das Werk des Chilenen aber für die Zeitschrift eine durchaus beachtliche Rolle ein, wie sich an Maria Zambranos Aufsatz „Pablo Neruda o el amor de la materia“ zeigt, der in der letzten, zum Druck vorbereiteten aber nicht mehr ausgelieferten Ausgabe der Zeitschrift erschien, als die Republik bereits in politischer Auflösung begriffen war. Unter diesen Umständen wird die Liebe zur Materie, die in der Poesie Nerudas zum Ausdruck kommt, für Zambrano zu einem Manifest der Ideale eines ‚offenen‘ Spaniens. Der chilenische Autor wird so in das Projekt eines allgemeinen anthropologischen Humanismus eingebunden:

Porque este poeta de una cultura otra es ya, por no sé bien qué misteriosos acontecimientos, uno de nosotros. ¿No será que España, abierta, revuelta, próxima a estallar y a hundirse hasta las mismas entrañas, abierta en su alma y en su sangre, acogía todo lo verídico, y más aún, todo lo que como esa poesía de Pablo venía a descubrir un mundo dejado atrás, venía de hablar de lo oculto y esquivado? [21]

Die Präsenz Pablo Nerudas in España Peregrina schließlich ist symptomatisch für die grundsätzliche kulturelle Ambivalenz der Zeitschrift, die grundsätzlich ein konservatorisches Projekt verfolgte, in dem Sinne, dass sie trotz der militärischen Niederlage der Republik deren ethische und kulturelle Ideale zu bewahren versuchte, auch wenn dies eine weitgehende Ignoranz des neuen kulturellen Kontextes voraussetzte. Der erste Text Nerudas, der in der Zeitschrift veröffentlicht wurde, stellt entsprechend auch keinen eigenen neuen Beitrag dar, sondern ist ein kurzes Fragment aus der Hommage an Lorca, die bereits vollständig in Hora de España veröffentlicht worden war. Was im spanischen Kontext aber noch lebendige Erinnerung war und ein Bekenntnis zur republikanischen Kultur im Zeichen des internationalen Antifaschismus, wird nun zu purer Nostalgie. Neruda erscheint aber noch einmal in seiner Rolle als Dichter mit drei Gedichten in der letzten Ausgabe von España Peregrina, der Doppelnummer von September/Oktober 1940, die mit dem 12. Oktober dem Jahrestag der ‚Entdeckung‘ Amerikas gewidmet ist. Im Verhältnis zum Rest der Zeitschrift zeichnet sich diese Ausgabe durch einen ungewöhnlich hohen Anteil an Autoren lateinamerikanischer Provenienz aus und ist insgesamt Zeichen eines allmählichen Wandels in der Ausrichtung der Zeitschrift, die sich dem neuen amerikanischen Kontext zu öffnen beginnt. Dieser Prozess wird letzten Endes dann auch zur Auflösung und der Gründung eines neuen intellektuellen Projekts führen, das mit Cuadernos Americanos verbunden ist. Liliana Weinberg hat vor kurzem die Zeitschrift besonders mit Blick auf ihre Entstehungsphase als „operación social“‘ [22] bezeichnet. Das kulturelle Netzwerk aus der spanischen Republik, das sich im neuen Kontext natürlich nicht einfach erhalten ließ, transformierte sich und integrierte sich in ein neues Netzwerk, das durch eine intensive, wenn auch nicht konfliktfreie, Zusammenarbeit zwischen mexikanischen Intellektuellen und Exilspaniern charakterisiert war.

Derartige Transformationsphasen sind für die Netzwerkforschung besonders interessant und produktiv. Sie sind methodologisch aber auch besonders schwer in den Griff zu bekommen. Im unserem konkreten Fall materialisiert sich die Übergangsphase in der zehnten Nummer von España Peregrina, die Mitte 1941 druckfertig gemacht wurde und den sprechenden Titel „Despedida y Tránsito“ trug, die aber bis zum Erscheinen der Faksimileedition 1977 unveröffentlicht blieb. Streng historisch gesehen müsste man bei der Netzwerkanalyse diese Nummer eigentlich ausschließen, da sie ja nicht wirklich Teil der publizierten Zeitschrift war und ohne Wirkung auf die Zeitgenossen blieb. Gleichzeitig würde ein solcher Ausschluss aus dem Analysekorpus bedeuten, dass man genau den Moment aus den Augen verliert, in dem sich die erwähnte sozio-kulturelle Transformation eines intellektuellen Projekts vollzieht. Es ist im Übrigen auch nicht zufällig diese letzte Nummer, in der León Felipe als Beiträger eine besondere Bedeutung erhält. In España Peregrina ist er von Anfang an in einer doppelten Rolle als Dichter und Übersetzer präsent. So wird in der ersten Ausgabe sein Gedichtband Español del éxodo y del llanto  [23] rezensiert, eigene Gedichte erscheinen dann später in Ausgabe 5. Als Übersetzer trägt er zur Publikation eines Textes von Walt Whitman (ebenfalls in der ersten Ausgabe) bei. In der unveröffentlichten letzten Nummer der Zeitschrift verstärkt sich die schon zuvor angelegte Doppelrolle mit zwei weiteren eigenen Beiträgen – dem Gedicht „La carrroza la lleva la blasfemia“ und einem Bericht bezüglich der Gründung von Cuadernos Americanos sowie zwei Übersetzungen von Texten von Waldo Frank. Eine ähnliche Doppelfunktion als älterer Lyriker, der sich an einem von jüngeren Autoren initiierten Zeitschriftenprojekt beteiligt und als Übersetzer englischsprachiger Texte, der aktiv mit für die Internationalisierung dieses Projekts sorgt, hatte er bereits in den Contemporáneos inne. Auch dort erschienen nicht nur Gedichte León Felipes, sondern auch Übersetzungen aus dem Englischen, Fragmente aus den Hollow Men von T.S. Eliot [24], der für die Zeitschrift generell ein Paradigma moderner Poesie darstellte [25], sowie zwei Texte von Waldo Frank [26]. Anders als Neruda agierte León Felipe also durchaus als ein Kultur-Broker. Dank seiner Fremdsprachenkenntnisse und den sozialen Kontakten konnte er nicht nur als Übersetzer zum kulturellen Austausch zwischen der spanischsprachigen und der englischsprachigen Literatur beitragen, sondern auch aktiv an der Integration der Exilspanier im mexikanischen Kontext mitwirken. Durch seinen langen Aufenthalt in Mexiko schon vor dem spanischen Bürgerkrieg und vor allem dank seiner Ehe mit Berta Gamboa verfügte er über die nötigen Sozialkontakte in Mexiko, die den neu ankommenden Spaniern fehlten, mit denen León Felipe aber grundsätzlich das Gefühl und die Erfahrung des Exils teilte. León Felipes Bedeutung in dieser Hinsicht verdeutlicht sich an der Wichtigkeit, die man ihm beim Aufbau der Casa de España  [27], die später zum Colegio de México wurde, beimaß.

In der spanischen Literaturgeschichte wurde Felipe Camino Galicia de la Rosa bisher nur als randständige Figur behandelt, was sicherlich auch an seinem unsteten und von vielen Ortswechseln bestimmten Lebenslauf hängt – schon in den Versos y oraciones del caminante von 1920 [28] stilisierte sich der Autor selbst in einem biblischen Sinne als einen Weltenpilger ohne festen Wohnsitz. Weder in Mexiko noch in Spanien agierte er im ‚inner circle‘ wichtiger intellektueller Netzwerke – und so kam er auch in Hora de España nicht über eine Randstellung innerhalb der Zeitschrift hinaus [29]. Seine Beweglichkeit, die ihm für die Verortung im Kanon wohl eher geschadet hat, verschaffte jedoch zugleich die interkulturellen Erfahrungen, die ihn zum Übersetzer prädestinierten, und das nicht nur im eingeschränkten Sinne eines Sprachmittlers, sondern auch im weiteren Sinne der Übersetzung von Kulturen. Genau diese Art von Autoren ohne festen Wohnsitz, die auch bei Fallstudien der Zeitschriftenforschung, die sich auf die Analyse eines einzelnen intellektuellen Projektes, meist aus dem Rahmen, der von den nationalen Literaturgeschichten gezogenen wird, fallen, sind aus einer transversalen und kulturvergleichenden Perspektive umso interessanter.

Die vorangegangene interpretatorische Vertiefung einiger der Resultate, die durch Korrelation und Visualisierung der Daten zu Netzwerken gewonnen werden sollten, ließe sich noch wesentlich weiter treiben [30]. Im Rahmen dieser Publikation, die Impulse für weitere Forschungsprojekte geben will, genügen die Ausführungen aber schon, um die methodische Richtung anzuzeigen, die uns dabei vorschwebt und die wir mit hiermit zur Diskussion stellen wollen. Die Konzeptualisierung von Zeitschriften als Netzwerken und der Einsatz von Visualisierungssoftware wie Gephi kann der Kulturzeitschriftenforschung neue Wege weisen. Um den Mehrwert, den diese Methode ermöglicht, wirklich voll auszuschöpfen müssten in Zukunft natürlich noch sehr viel mehr strukturierte Daten zusammengeführt werden und die Zahl der verglichenen Zeitschriften deutlich erhöht werden. Unsere Arbeit stellt einen ersten explorativen Versuch dar, der entweder in größeren Forschungseinheiten oder – besser noch – in vernetzter Forschung fortzuführen wäre. Kulturzeitschriften als mehrdimensionale Netzwerke, die nicht nur Autoren, sondern auch literarische Formen miteinander in Verbindung bringen, sind angesichts ihrer Vielschichtigkeit und formalen wie inhaltlichen Variabilität besonders offen für unterschiedliche konzeptionelle Zugänge. Der in dieser Arbeit privilegierte quantitative Ansatz ist nicht der einzig relevante, aber sein Potential darf nicht unterschätzt werden. Die quantitative, datenbasierte Netzwerkanalyse schafft die notwendige objektivierbare Grundlage für Vergleichsstudien, die dann mit jeweils anderen Fragestellungen interpretatorisch weiter vertieft werden können. Dafür müssen die Daten in anderen Forschungsprojekten wieder eingesetzt werden können. Das Lesen von Texten wird durch die Veranschaulichung von Netzwerkstrukturen der Zeitschriften nicht obsolet, die Datenbasis erlaubt es aber, Lektüren und Interpretationen auf einer berechenbaren Grundlagen aufzubauen, die intersubjektiv überprüfbarer ist als der reine Austausch von Thesen. In diesem Sinne hoffen wir auf eine Fortsetzung dieses Versuchs und weitere Vernetzungen der Forschung in der Zukunft.

 

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[1] Es handelt sich dabei um eine Arbeit, die in intensiver Kooperation entstanden ist. Gleichwohl ist für jeden konkreten Teil der verantwortliche Autor ausgewiesen.

[3] In ihrem Überblick über die aktuellen ‚turns‘ listet Bachmann-Medick 2006 folgende Methodenwechsel auf: ‚Interpretative Turn‘, ‚Performative Turn‘, ‚Reflexive Turn/ Literary Turn‘, ‚Postcolonial Turn‘, ‚Translational Turn‘, ‚Spatial Turn‘ und ‚Iconic Turn‘. In einigen Fällen liegt die Verbindung zu spezifischen akademischen Disziplinen auf der Hand, wie im Fall des ‚performative turn‘, der vor allem von den Theaterwissenschaften unterstützt wurde, oder dem ‚iconic turn‘ der mit besonderem Nachdruck von den Kunsthistorikern proklamiert wurde.

[4] Vgl. das in diese Richtung neu aufgelegte Förderprogramm der VW-Stiftung: https://www.volkswagenstiftung.de/mixedmethodsgeisteswissenschaften.html

[5] Das Korpus an digitalisierten Zeitschriften, die auf dieser Plattform durch angemeldete Nutzer unter Zuhilfenahme vorstrukturierter Formulare annotiert werden können, speist sich aus den Beständen des Ibero-Amerikanischen Instituts Preußischer Kulturbesitz in Berlin, die nach ihrer Digitalisierung laufend eingestellt werden und insgesamt über 80 Titel umfassen.

[6] Neben diesen Untersuchungen sollte man auch eine Reihe von Artikeln erwähnen, wie zum Beispiel, im lateinamerikanischen Bereich die von Pita González 2010 und Melgar Boa 2010, sowie Merbilhaá 2015.

[7] http://litlab.stanford.edu/

[9] Siehe hierzu etwa die kleine Debatte zu Morettis Ansatz die unter dem Titel „Essay Club“ auf der Seite Magazine Modernisms geführt wurde. Vgl. James Stephen Murphy, „MagMods Essay Club: Franco Moretti and the Prospects of Social Network Analysis for Literary Studies”, in: Magazine Modernism: Dedicated to Modern Periodical Studies blog, 18. August 2011, https://magmods.wordpress.com/2011/08/18/magmods-essay-club-moretti-and-the-prospects-of-social-network-analysis-for-literayr-studies/

[11] Tatsächlich war es die im Blog geführte Diskussion über den Artikel von Moretti, der zu dieser Nummer führte, wie Wulfman ( Wulfman 2013: 100) enthüllt hat.

[12] http://www.iberoamericadigital.net/BDPI/

[13] Welcher Autor zuvor welche Texte und Genre veröffentlicht hat und wie die Zeitschrift schon auf das Publikum gewirkt ist, ist immer schon Grundlage der redaktionellen Entscheidung für die Zusammenstellung der nächsten Nummer.

[14] Schon die frühe Untersuchung von Forster 1963 legt Nachdruck auf diese Debatte, die auch bei Mullen 1971 und in anderen Untersuchungen analysiert wird.

[15] Der Modellcharakter von bestimmten Publikationen wie der Revista de Occidente und dem Mercure de France wurde von Torres Bodet explizit eingeräumt: “Acostumbrados a admitir el prestigio internacional de publicaciones como Le Mercure de France y la N.R.F., el éxito de una revista española —la de Occidente— nos había hecho reflexionar sobre la conveniencia de imprimir en nuestro país un órgano literario estricto y bien presentado.” (zit. in Forster 1963, 118).

[16] Vgl. Lemke Duque 2014, der einen Anhang mit zahlreichen Grafiken und statistischen Daten bietet. Jedoch ist die für die Statistiken verwendete Datenbasis nicht für zukünftige Forschung zugänglich. In diesem Punkt folgen wir, konträr dazu, den von den digitalen Geisteswissenschaften festgelegten Zielen und werden unsere Daten nach Abschluss des Forschungsprojekts dauerhaft in einem Repositorium hinterlegen, wo andere Forscher, die sie weiter erkunden wollen, freien Zugang zu ihnen haben.

[17] Villar Degano 1986, 189–191.

[18] Jean So/ Hyot Long 2013, 164 ff.

[19] Ebd., 181.

[20] Nerudas Nachruf auf Lorca steht dabei am Beginn einer ganzen Reihe von Texten, die an den andalusischen Dichter erinnern. Siehe Antonio Sánchez Barbudo: “La muerte de García Lorca comentada por sus asesinos (Nr. 5, 71–72) Vicente Aleixandre: “Federico” (Nr. 7, 43–45), Emilio Prados: “Estancia en la muerte con Federico García Lorca” (Nr. 7: 49-54), Luis Cernuda: “Federico García Lorca. Romancero Gitano. Edición de homenaje popular” (Nr. 9, 67–69), Juan Gil-Albert: “Dos sonetos a Federico García Lorca” (Nr. 12, 67), Pedro Garfias: “A Federico García Lorca” (Nr. 14, 35), Juan Gil-Albert: “Poesía en la muerte de Federico García Lorca” (Nr. 15, 90–94). Luis Cernuda: “Federico García Lorca (Recuerdo)” (Nr. 18, 13–20).

[21] Hora de España 23, 1938, 40 f.

[23] Vgl. Giner de los Ríos: “El español del éxodo y del llanto”, Nr. 1, 39–40. Die Edition von León Felípes Gedichtband wurde vom Casa de España herausgegeben und am 12 September 1939 bei einem Festakt im Palacio de Bellas Artes de México vorgestellt.

[24] Vgl. Contemporáneos, 33, Februar 1931, 132–136.

[25] Vor The Hollow Man wurde dort bereits ein Fragment von The Waste Land, in der Übersetzung von Enrique Munguía Jr. mit einem langen Vorwort veröffentlicht, in dem der „rango destacado, brillante“ von T.S. Eliot „entre los anglosajones contemporáneos“ hervorgehoben wird. Vgl. Contemporáneos, Nr. 26-27, Juli 1930: 7-15, Zitat: 7.

[26] Vgl. “Retrato de Charles Chaplin” in Contemporáneos. 14, Juli 1929, 289–308, y “Chuciquamata”, ebd., 38–39, Juli 1931: 31-51. Obwohl im ersten Fall der Text ohne noch Nennung des Übersetzers abgedruckt ist, lässt sich annehmen, dass es León Felipe war, da er seit der Veröffentlichung von España virgen, im Verlag der Revista de Occidente 1927, gewöhnlich als Übersetzer von Waldo Frank ins Spanische in Erscheinung trat.

[28] Wir beziehen uns hier lediglich auf das Gedicht „Romero sólo“ aus dem erwähnten Gedichtband, repr. in León Felipe 2010, 85–87.

[29] Dort erscheint er mit drei Beiträgen, einer Publikation eines Teils seines Gedichts La Insignia (in Nr. 5, März 1937) und zwei Artikeln (in Nr. 6 und 14 der Zeitschrift).

[30] So würde sich zum Beispiel ein direkter Vergleich zwischen Contemporáneos und den europäischen Zeitschriften die als Modell für diese Publikation gelten, wie der Mercure de France, die NRF oder die Revista de Occidente, bzw. ein Vergleich mit ähnlichen vorangehenden oder nachfolgenden Projekten im kulturellen Bereich in Mexiko, wie zum Beispiel Ulises (1927–1928), anbieten. Auch Hora de España könnte mit anderen spanischen Zeitschriften aus der Zeit des spanischen Bürgerkriegs verglichen werden, wie zum Beispiel mit Nueva Cultura (1935–1937) oder El Mono Azul (1936–1939), aber eben auch mit Zeitschriften aus dem nationalen Bereich, wie Jerarquía (1936 -1938). Was die Publikationen des republikanischen Exils in Mexico anbetrifft, müsste man sie zum Beispiel mit Taller (1938), Romance (1940-1941) oder Ciencia (1940) vergleichen.

 

Comments

Gerade die Netzwerkbeziehungen zwischen den Zeitschriften und  Autoren sind für die weitere Forschung sehr interessant! Um die Relevanz der Beiträge einzelner Autoren quantitativ zu erfassen, hätte man evtl. die Länge der Beiträge (also Wörterzahl, o.ä.) mit in die Statistik einbeziehen können - auch wenn dies im Falle der Lyrik beispielsweise wenig aussagekräftig ist.

Ich bin gespannt auf weitere Netzwerkforschung zu den revistas culturales und den Netzwerkworkshop mit Frederik Ewert am 22. Juli.